Das Gesicht unseres Ortes – Ein Anwesen mit langer Geschichte und in dem Geschichte niedergeschrieben wurde

    Was einen Ort prägt, sind seine Lage, die umgebende Landschaft und Natur, die Wirtschaft und die Mentalität seiner Einwohner. Vieles davon findet seinen Niederschlag in der Architektur, die ihrerseits einen Ort unverwechselbar macht. Sie widerspiegelt, was die Errichter und die Bewohner bevorzugen – sei es ein gemütliches kleines Haus oder ein repräsentatives Gebäude. Zeigt, was dominiert – Funktionalität oder Gemütlichkeit. Insgesamt schafft die Architektur eines Ortes eine bestimmte Atmosphäre, ein Flair, das wiederum zurückwirkt auf die hier Lebenden.

    Die Dörfer unserer Umgebung haben viele interessante Häuser, die prägend sind. Häuser mit langer, manchmal wechselvoller Geschichte. Einige von ihnen haben wir besucht und Interessantes, Spannendes, vor allem aber Schönes entdeckt. Und Menschen kennen gelernt, die sensibel mit dem baulichen Erbe umgehen, für sich selbst und ihre Familien, aber auch für das Dorf.

    Dieser Beitrag unserer Reihe “Das Gesicht unseres Ortes“ gilt dem Anwesen in der Ortsmitte von Elxleben, das heute von den Familien Rind und Friede bewohnt wird. Es bietet vier Generationen ein Zuhause, den Nachfahren des Erbauers – den Geschwistern Marion Rind (geb. Friede) und Karl-Heinz Friede und ihrer Mutter Irmgard.

    Das Wohnhaus wurde 1864 von Heinrich Dunkel errichtet – 1817 geboren und bis zu seinem Tode im Jahre 1881 Hausherr. Er war der Urururgroßvater (tatsächlich drei Mal “Ur“) von Marion Rind und Karl-Heinz Friede, die mit ihren Familien das Anwesen – Haus und Nebengebäude – sanierten und in ein Schmuckstück verwandelten. Ergänzt wurden die alten Gemäuer durch ein modernes Haus, das – 1981 erbaut – Domizil für die Familie von Karl-Heinz Friede wurde.

    Mit Verve und Energie, mit großer Liebe zum Detail wurden die architektonischen Besonderheiten des Anwesens bis heute bewahrt – sofern diese noch erhalten waren. Das Torhaus musste bereits Ende der 1970er Jahre abgerissen werden, auch die Scheune des einstmaligen Vierseitenhofes war nicht mehr zu retten. Was heute erhalten und restauriert ist, gleicht einem architektonischen Zeitzeugnis.

    Beginnen wir mit dem historischen Wohnhaus. Wir sind an einem heißen Sommertag eingeladen, gehen am üppig blühenden Vorgarten vorbei, durchschreiten Tor und Hauseingang. Beim Betreten des Hausflures umfängt uns eine angenehme Kühle trotz der Hitze draußen. Der Flur ist großzügig, mussten doch einst viele Landarbeiter Platz finden, die hier ihre Mahlzeiten einnahmen.

    Schrittweise, so erfahren wir, hat Familie Rind seit 1993 das Haus modernisiert. Das undichte Dach wurde neu eingedeckt. Die alten Fenster, die das Haus zugig machten, wurden gegen neue ausgetauscht, ebenso die Türen. Jedes einzelne Element eine Maßanfertigung, denn der Charakter des Hauses sollte nicht verändert werden. So galt es, die vorhandenen Öffnungen zu nutzen.

    Die Ofenheizung, nicht mehr voll funktionstüchtig, wurde gegen eine moderne Heizanlage ausgetauscht und damit einer der gravierendsten Mängel beseitigt – nämlich, dass das große Haus kaum noch zu heizen war.

    Die Elektrik war veraltet und musste komplett saniert werden. Holger Rind – Ingenieur für Elektrotechnik – war prädestiniert, ein entsprechendes Konzept für das Haus zu entwickeln und umzusetzen. Der Einbau der Bäder stellte eine echte Herausforderung dar, waren doch früher solche Räume nicht vorgesehen.

    Familie Rind hat all das, was erhaltenswert war, liebevoll restauriert. Man könnte auch sagen: gerettet.

    Auf dem Anwesen befinden sich mehrere Nebengebäude, allesamt sehr gepflegt und auch hier wurden die architektonischen Details erhalten. Die ehemaligen Stallungen für die Pferde, bis Mitte der Siebziger Jahre von der damaligen LPG genutzt, dienen nun u.a. als Waschküche und bieten Unterstellmöglichkeiten.

    Der rund 25 Meter lange Fachwerkbau, der sich an das alte Wohnhaus anschließt und einen wunderschönen Laubengang hat, erhielt erst vor wenigen Jahren ein neues Ziegeldach. Mehrere Jahrzehnte hatte das Gebäude – wie so oft üblich – ein Wellasbestdach. Die Auswahl der Dachziegel, insbesondere deren Farbton, hat sich die Familie nicht leicht gemacht. Das Dach sollte zwar seiner Aufgabe zum Schutz des Gebäudes gerecht werden, aber auch seine schöne Architektur unterstreichen. „Und das geht nur, wenn der Farbton stimmt!“, bekräftigt Marion Rind und freut sich sichtlich, dass dies in bester Weise gelungen ist.

    Entlang des Nebengelasses blühen üppige Kübelpflanzen und spannen so den Bogen von Haus und Hof zum großen, idyllischen Garten. Ein gewaltiger Nussbaum spendet Schatten. In seinem Schutz steht ein weiteres architektonisches Kleinod – ein Bienenhaus. Ebenfalls als Fachwerkbau errichtet, jetzt neu ausgefacht, mit neuem Dach und Innenausbau versehen, dient es als Gartenhäuschen, wird für Familienfeiern genutzt oder als Rückzugsort für stille Lesestunden.

    Gegenüber, in Verlängerung des neu errichteten, modernen Wohnhauses befindet sich ein weiteres, ausnehmend gut erhaltenes Nebengebäude, das ebenfalls von längst vergangenen Ereignissen zeugt. So kann uns Irmgard Friede noch die Granatsplittereinschläge in die Fachwerkbalken und Holztüren zeigen, die 1945 in den letzten Kriegstagen das Haus erschütterten.

    Den sich anschließenden Anbau hat Karl-Heinz Friede mit den Balken der ehemaligen Scheune errichtet, die einst den Hof zum Garten hin abtrennte, aber nicht zu erhalten war. An ihrer Stelle findet man nun unter Schatten spendenen Bäumen viele Plätze, die zum Verweilen einladen in einem wunderschön angelegten Garten.

    Wie Familie Friede diese unglaublich opulenten Palmen und blühenden Kübelpflanzen zu solcher Größe ziehen konnte, wollten wir wissen und die Antwort fällt Karl-Heinz Friede leicht, indem er auf seine Frau Petra verweist, die unermüdlich gießt und pflegt.

    Wir lassen uns noch ein wenig auf die lange und interessante Geschichte des Anwesens ein und erfahren, dass Friedrich Dunkel, Ururgroßvater der heutigen Besitzer, lange Zeit Ortsschulze von Elxleben war, heute würde man ihn als Bürgermeister bezeichnen. Rudolf Dunkel, sein Sohn, führte von 1882 bis 1944 das Standesamt von Elxleben und schloss so manche Elxlebener Ehe. Auch schrieb er an der Ortschronik.

    Mit geübtem Blick und geschickter Hand stellt uns Marion Rind einen herrlichen Blumenstrauß zusammen, der auf unserem Konferenztisch viele Tage lang an den Besuch bei den Familien Rind und Friede erinnert.

    Autor: B. Köhler  Fotos: B. Köhler

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